Lena Ditte Nissen: Tendenz / Verzerrung
Förderausstellung ver.di
14.11.2025 - 30.11.2025
Vernissage: 13.11.2025 ab 19:00
Begrüßung und Einführung durch
Alexandra Senfft (Autorin & Publizistin), Prof. Jochen Bonz (katho),
Luise Klemens (ver.di Landesbezirksleiterin Bayern) und Sepp Rauch (VBK).
Die Videoarbeit TENDENZ VERZERRUNG (42 Minuten) zeigt eine Personengruppe, die in einer performativen Führung über das Gelände des Samariterstifts Grafeneck auf der Schwäbischen Alb leitet. Die Mitglieder der inklusiven Gruppe, die sich Grafenschreck nennt, arbeiten oder wohnen heute an diesem Ort, an dem 1940 die nationalsozialistischen eugenischen Morde begannen und innerhalb eines Jahres mehr als zehntausend Menschen umgebracht wurden. Darunter 407 Kinder und Jugendliche.
Die dokumentarischen Aufnahmen der Gruppe, des Ortes und der dort sichtbaren Gedenkpraktiken werden von Säuglingsdarstellungen durchkreuzt, die aus der Hebammenzeitschrift des Jahres 1940 stammen; also demselben Jahr, in dem in Grafeneck gemordet wurde. So kommt eine weitere Erzählebene in die Arbeit: die Familiengeschichte der Künstlerin, die – ähnlich und doch aus ganz anderer Perspektive, als die Grafenschreck-Gruppe – nochmals die Verbindung herstellt zwischen Zeitgeschichte und Heute. Lena Ditte Nissens Urgroßmutter väterlicherseits war die ‚Reichshebammenführerin‘ Nanna Conti, und in dieser Rolle auch die Schriftleiterin der Hebammenzeitschrift, die sie zu einem Propagandawerkzeug umfunktionierte. Nissens Großonkel war der ‚Reichsgesundheitsführer‘ Leonardo Conti. Beide, Mutter und Sohn, waren massiv in die sogenannten ‚Krankenmorde‘ der NS-Zeit verwickelt.
Nissen nutzt neben den eigenen Aufnahmen auch Videomaterial, das die Gedenkstätte selbst produzieren lassen hat und verbindet auf diese Weise in ihrer Arbeit individuelle Familiengeschichte, kollektive Gedächtnisarbeit und institutionelle Erinnerung.
Über die Künstlerin:
Die Deutsch-Dänische Künstlerin und Filmemacherin Lena Ditte Nissen (*1987) arbeitet an der Schnittstelle zwischen dokumentarischer und performativer Praxis mit Bezug zum klassischen Experimentalfilm und ethnografischen Forschungsstrategien. Ihre Filme, Performances und Installationen wurden in internationalen Institutionen und auf Filmfestivals gezeigt: darunter Museo de Arte Moderno Rio de Janeiro, Filmmuseen Frankfurt, KAI10 Arthena Foundation, Rubenstein Art Center, DOK Leipzig, CPH: DOX und Anthology Film Archive NYC. 2022 erhielt sie das renommierte Jahresarbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds. Nissen publiziert außerdem im Feld der künstlerischen Forschung, zuletzt im Sammelband Standpoint Autotheory, Sternberg Press.
Kontext und Förderer:
Die Ausstellung findet auf Einladung von Sepp Rauch vom VBK statt. Die Videoarbeit ist Teil von‚Grafeneck — Münster / 1940 — heute‘, einem Kulturbildungsprojekt zu den ‚Krankenmorden‘ der Nazis, das unter der Leitung von Prof. Jochen Bonz von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Grafeneck durchgeführt wird. Es wird von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Rahmen der Bildungsagenda NS–Unrecht gefördert. Die Installation erhält zusätzliche Mittel vom Dänischen Kunstfonds.
Grafenschreck Gruppe
Alexandro Maccotta
Daniel Hildwein
Gerd Holder
Giuliano Hohenreiter
Kathrin Bauer
Marcel Schindele
Marie Rieker
Matthias Wörz
Sonja Radicke
Tina Pfister
Willy Vyskytensky
Team
Videoarbeit
Regie & Produktion: Lena Ditte Nissen
Kamera: Sophie Maintigneux
Kamera-Assistentin: Lena Krenz
Ton: Ivonne Gärber
Musik: Simon Rummel
Schnitt: Lena Ditte Nissen
Voice-Over: Irene Baumann
Soundrecording: Paul Abbrecht
Sounddesign: Lena Ditte Nissen
Colourgrading: Désirée Pfenninger
Untertitel: Philipp Hartmann
Praktikantin: Ruska Tskhvediani
Installation
Ausstellungsarchitektur: Lena Ditte Nissen
mit Mara Kanthak
Assistentin: Anne Frohne
Praktikantin: Ruska Tskhvediani
Helping Hand: Annette Rosner
Bau der Holzstruktur: Empfangshalle
AV-Technik: Patrick Thomas
Ausstellungsfotografie: Magdalena Jooss
Besonderer Dank
Alisa Berger
Alexandra Senfft
Arbeitskreis für intergenerationelle
Folgen des Holocaust
Brigitte Becker
Hannah Wallenfels
Jakob Peter
Janina Totzauer
Jochen Bonz
Kaspar Fridolin Nissen
Kathrin Bauer
Matthias Andres
Nana Prinzen
Ralph Laurs
Sepp Rauch
Sonja Begalke